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Was ist eigentlich ein Heuaufguss?
Nützliche Tipps & Infos: Heuaufguss unter dem Mikroskop
Derzeit hat uns der Winter wieder fest im Griff, und kleinere stille Gewässer sind sogar komplett zugefroren. Es ist abzusehen, dass es noch einige Zeit dauert, bis die meisten Wasserorganismen, Zieralgen und andere Mikroorganismen wieder in ausreichender Zahl in der Natur zu finden sind. Für diese mikroskopische "Saure-Gurken-Zeit" ist ein Heuaufguss ideal.
Wichtig: Es können sich im Ansatz auch krankmachende Organismen vermehren. Daher ist auf Hygiene im Umgang mit dem Aufguss (z.B. gründliches Händewaschen nach dem Mikroskopieren) unbedingt zu achten!
Für den Heuaufguss wird eine kleine Handvoll Heu oder vertrocknetes Gras, Laubstreu oder ein wenig Moos mit Wasser aufgegossen. Im Heu oder auf anderen trockenen Pflanzenresten finden sich zahlreiche Dauerstadien von Bakterien (zB Sporen des sog. Heubakteriums Bacillus subtilis), Algen, anderen Einzellern oder Räder- und Bärtierchen. Nach einigen Tagen im Wasser erwachen diese Organismen wieder zum Leben. Die Bakterien, die das Pflanzenmaterial zersetzen, vermehren sich sehr stark und bilden einen Film an der Wasseroberfläche, die sogenannte Kahmhaut. Da Bakterien vielen anderen Organismen, z.B. Wimperntierchen, Amöben oder Sonnentierchen als Nahrungsgrundlage dienen, vermehren sich einige Tage später auch diese Organismen immer stärker. Manche sind groß genug, dass man sie mit bloßem Auge als winzige schwimmende Pünktchen in den oberen Schichten des Aufgusses erkennen kann. Anschließend erscheinen verstärkt räuberische Organismen, die sich von Wimperntierchen oder Geißeltierchen ernähren. Dazu gehört das Tonnentierchen oder der Hüpferling. Durch den bakteriellen Abbau entstehen Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat, diese dienen den Algen als Nahrung, die das Wasser und die Gefäßoberfläche grünlich verfärben. So entwickelt sich von Tag zu Tag eine immer vielfältiger werdende Gemeinschaft aus zahllosen Organismen.
Nicht alle Mikroorganismen bilden allerdings solche Dauerstadien aus. Die bekannten Pantoffeltierchen gehören zum Beispiel nicht dazu. Will man solche Einzeller vermehren, dann muss das Wasser im Aufguss aus einem Gewässer oder einem Aquarium stammen. Mit Leitungswasser bzw. Mineralwasser gelingt es daher nicht, in einem Heuaufguss Pantoffeltierchen zu vermehren. Im Schlamm, auf Wasserpflanzen oder im Filter des Aquariums sind sie aber sehr häufig.
Möchte man die Organismen über mehrere Wochen beobachten, so kann man verdunstetes Wasser mit destilliertem Wasser oder Regenwasser regelmäßig nachfüllen. Pantoffeltierchen, Rädertierchen und einige andere kann man auch gezielt füttern, um die Vermehrungsrate zu erhöhen. Anschließend kann man versuchen, die gewünschten Organismen in eine neue Kultur zu überführen und weiter zu vermehren. Aquarianer, die solche Einzeller als Aufzuchtfutter für sehr kleine Fischlarven verwenden möchten, füttern solche Lebendkulturen zB mit Kondensmilch, Mikroalgen oder Hefe. Bakterien vermehren sich stärker, wenn ein Reis- oder Getreidekorn dem Ansatz zugegeben wird. Spezielle Futtermittel bzw. Suspensionen sind im Aquaristikfachhandel erhältlich.
Sollen z.B. Pantoffel- oder Rädertierchen aus dem Ansatz für die Aufzucht von Jungfischen verwendet werden, so dürfen keine Tonnentierchen (Coleps sp.) im Ansatz sein. Diese fressen normalerweise andere Wimperntierchen, können sich aber in der Futterkultur oder im Aufzuchtbecken massenhaft vermehren. Coleps besiedeln dann die Schleimhaut der Fische und können Fischbrut sehr stark schädigen! Daher ist eine regelmäßige mikroskopische Kontrolle von allen Futterkulturen, aber auch im Aufzuchtbecken sehr zu empfehlen. Coleps müssen nicht zwingend aus Lebendkulturen eingeschleppt werden, im Aquarium sind sie meist ohnehin vorhanden und vermehren sich auch, wenn z.B. nur mit Flockenfutter gefüttert wird.
Wie geht man genau vor:
Auf ein großes (ca. 1L) Glas gibt man eine kleine Handvoll Heu oder andere trockene Pflanzenreste (Laub, Moos) und gießt mit ca. 500mL Wasser auf. Ideal ist Wasser aus einem Teich oder Aquarium. Das Gefäß deckt man locker ab (zB mit einem Blatt Küchenpapier und einem Gummiband) und stellt es an einen warmen, hellen Platz (mindestens bei Raumtemperatur, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung). Der Ansatz kann vor allem bei zu viel Heu zu stinken beginnen, das sollte man bei der Wahl des Standorts bedenken.
Nach wenigen Tagen bildet sich die Kahmhaut aus Bakterien, nach und nach erscheinen die verschiedensten größeren Organismen. Da der Sauerstoffgehalt im Gefäß von oben nach unten stark abnimmt, findet man an der Oberfläche andere Organismen als am Boden. Auch je nach pH-Wert und Mineralgehalt kann sich die Gemeinschaft im Heuaufguss verändern; enthält das Wasser Silikat, erscheinen verstärkt Kieselalgen als bräunlicher Belag auf dem Gefäß.
Wird der Ansatz nicht mehr benötigt, sollte er entsorgt und alle Gefäße bzw. Werkzeuge mit heißem Wasser desinfiziert und gründlich gereinigt werden.
Empfehlenswerte Bestimmungsliteratur ist das Buch "Das Leben im Wassertropfen" aus dem Kosmos Verlag. Dort finden sich auch Anleitungen für den Ansatz und die Dauerkultur verschiedenster Mikroorganismen.
Welche Organismen können im Heuaufguss gefunden werden?